Quasimodogeniti – 1. Sonntag nach Ostern
Andacht: Quasimodogeniti zum anhören
Lesungstexte des heutigen Sonntags:
Psalm 116,1-9.13
Lesung aus den Briefen des Neuen Testamentes: 1.Petr. 1,3-9
Lesung aus den Evangelien: Joh 20,19-29
Liebe Gemeinde, unser heutiger Predigttext steht im Buch des Propheten Jesaja (40,26-31):
Hebt eure Augen in die Höhe und seht! Wer hat all dies geschaffen? Er führt ihr Heer vollzählig heraus und ruft sie alle mit Namen; seine Macht und starke Kraft ist so groß, dass nicht eins von ihnen fehlt. Warum sprichst du denn, Jakob, und du, Israel, sagst: »Mein Weg ist dem Herrn verborgen, und mein Recht geht an meinem Gott vorüber«? Weißt du nicht? Hast du nicht gehört? Der Herr, der ewige Gott, der die Enden der Erde geschaffen hat, wird nicht müde noch matt, sein Verstand ist unausforschlich. Er gibt dem Müden Kraft und Stärke genug dem Unvermögenden. Jünglinge werden müde und matt, und Männer straucheln und fallen; aber die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.
Gott wird nicht müde und nicht matt, heißt es da. Gott nicht. Wir schon. Wenn die Hände oder die Beine nicht mehr so wollen wie früher, wenn wir krank sind oder traurig. Wenn wir etwas mit allen Kräften versuchen und dann klappt es nicht. Manchen fällt jetzt schlicht und ergreifend die Decke auf den Kopf. Wir würden gerne Besuche machen, in den Urlaub fahren, ja, vielleicht sogar in die Schule gehen, - die Flügel ausbreiten und los geht es! Aber wir sind festgebunden. Ja, wenn man fliegen könnte wie ein Adler...
Das Volk Israel fühlt sich bei der Entstehung des Predigtwortes nicht wie ein stolzer König der Lüfte, nein, vielmehr schutz- und hilflos, wie ein aus dem Nest gestoßenes Küken. Das Land, das Gott selbst ihnen gegeben hat, verloren. Der gewaltigen Streitmacht Babylons hatten sie nichts entgegenzusetzen, als sie wie ein Sturm über sie hinwegfegte und eine Spur der Zerstörung zurückließ. Ihr Tempel, der Tempel Salomos, zerstört und ihr Land liegt in Trümmern. Weite Teile der Bevölkerung, ihre Priester, wurden in das babylonische Reich deportiert. Die Israeliten müssen sich in ihrer unfreiwilligen Lage in Babylon neu zurechtfinden und sich ihr Leben neu aufbauen. Sie sind konfrontiert mit der anderen Lebensweise und Weltanschauung Babylons um sich herum. Sie haben keine Zeit für Gott. Zu vieles geht vor. Der Prophet Jesaja ermahnt sein Volk. Er ermutigt es aber auch. Für ihn ist Gott der Höchste. Gerade weil so viel ins Wanken geraten ist, erinnert er sie an das unerschütterliche Fundament, auf dem sie leben können. Den ewigen Bund, den Gott mit Israel geschlossen hat.
Kennen Sie den Flugunterricht von Adlern? Der Adlerhorst befindet sich immer hoch oben im steilen Felsen über einem tiefen Abgrund. Wenn die Jungen so weit sind, dass sie flügge werden sollen, werden sie von der Adlermutter aus dem Nest gestoßen. Die Jungen sträuben sich! Sie sind ja noch nie geflogen. Aber die Mutter lässt nicht locker. Plötzlich packt sie das erste Junge mit den Krallen, fliegt mit ihm über den Abgrund und lässt es einfach fallen. Das Junge rudert mit den Flügeln und versucht zu fliegen. Aber es gelingt nicht immer. Und dann scheint es so, als würde das hilflose Junge in den Abgrund stürzen. Aber plötzlich schießt der alte Adler, der zuvor scheinbar ruhig seine Kreise gezogen hat, steil nach unten, fängt das Kleine im Fallen auf und trägt es sicher wieder nach oben - und das Spiel beginnt von vorne. So lernt der junge Adler, seine Flügel zu gebrauchen, bis er selbst mit großen Schwingen die Luft durchschneiden kann.
Das Volk Israel hat den Boden unter den Füßen verloren. Sie fühlen sich wie ein Junges im freien Fall. Sie strampeln oder haben vielleicht sogar schon aufgegeben mit den Flügeln zu schlagen. Und in diese Müdigkeit und Mattigkeit hinein, tönt die Stimme Jesajas wie eine Posaune: Er gibt dem Müden Kraft und Stärke ... ; aber die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden. Ihr fallt vielleicht hin, so höre ich Jesaja sprechen. Ihr seht Gott gerade nicht in eurem Leben, bei all den schweren Schlägen, die ihr einstecken musstet. Ihr denkt, Gott sei in Israel zurückgeblieben, dass er euch hier fern der Heimat nicht sieht? Er ist doch hier, hier bei euch. Er begleitet euch auf dem Weg, der vor euch liegt, auf den Weg nach Hause und er wird dabei nicht müde oder matt.
Das ist das Fundament auf das Israel sich immer wieder besann, welches es durch Höhen und Tiefen brachte. Wie die Israeliten dürfen wir darauf vertrauen, sei es im ruhigen Flug oder im Fall, dass wir unser Leben unter dem Schutz und Schirm seiner Schwingen führen. Wir dürfen darauf bauen, dass Gott da ist und ein Adlerauge auf uns gerichtet hat, dass er auf uns Achtgibt. Er will uns behüten und uns die, für das Leben notwendige Kraft geben, den Wind unter den Flügeln. Mit Gott an unserer Seite können wir fliegen wie Adler. Amen.
Fürbitten
Ewiger, barmherziger Gott,
durch deinen Sohn Jesus Christus hast du uns zur Freude und Hoffnung berufen.
Durch ihn bitten wir dich:
Schenke deiner Kirche deine lebendige Gegenwart in Reden und Handeln.
Schenke den Kranken Kraft und Heilung.
Schenke allen, die sich für andere einsetzen, deinen Geist der Liebe.
Schenke der Welt deinen Frieden, den sie sich selbst nicht geben kann.
Gott, Schöpfer der Welt, du hast an Ostern den Tod besiegt
und das Leben neu geschaffen.
Stärke das Vertrauen zu dir, auf deinen Schutz und Schirm,
durch Jesus Christus, deinen Sohn, unseren Herrn.
Wir nehmen uns einen Moment der Stille.
Vater unser im Himmel …
So gehen wir in den heutigen Tag und die kommende Woche mit dem Segen unseres Herrn:
Der Herr segne euch und behüte euch; der Herr lasse sein Angesicht leuchten über euch
und sei euch gnädig; der Herr hebe sein Angesicht über euch und gebe euch Frieden. Amen.