EV. LUTH. KIRCHENGEMEINDEN

Hechlingen am See / Hüssingen / Degersheim

Rogate - Betet!                                            Hier auch zum Anhören

 

Laut oder leise, gemeinsam oder mit anderen, frei oder mit geprägten Worten: Betet! Im Mittelpunkt des Sonntags steht die Ermutigung zu Gebet und Fürbitte. Das Gebet steht unter der Verheißung des Wochenspruchs: „Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft!“

Lied ist die Nr. 324,1-2: Ich singe dir mit Herz

 

Lesungstexte des heutigen Sonntags:

Psalm 95,1-7a

Lesung aus dem Alten Testament: 2.Mose 32,7-14

Lesung aus dem Evangelium: Lukas 11,5-13

 

 

 

Liebe Gemeinde, der heutige Sonntag ist dem Gebet gewidmet. Im Gebet bringen wir unser Anliegen vor Gott. Nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um sich Ihr Anliegen bewusst zu machen. Nehmen Sie es mit in die Predigt.

 

Jesus selbst hat auch oft gebetet. Er zog sich dabei gerne zurück, um Zwiesprache mit seinem Vater zu halten. Ich stelle mir vor, dass die Jünger Jesus ganz genau beobachtet haben und sich fragten. Beten, wie genau mache ich das richtig? Welche Formen, Anreden und Methoden gehören sich denn, wenn ich Gott anrede? Unser heutiger Predigttext steht im Matthäusevangelium, Kapitel 6,5-15 und gibt genau darauf eine Antwort: „Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht sein wie die Heuchler, die gern in den Synagogen und an den Straßenecken stehen und beten, um sich vor den Leuten zu zeigen. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt. Wenn du aber betest, so geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir's vergelten. Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen. Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen. Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet. Darum sollt ihr so beten: Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. [Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.] Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben.“ Amen.

Vater unser… Jesus verwendete hier das aramäische Wort „abba“ für Vater und damit nicht die steif-offizielle, sondern eine familiär-vertraute Anrede für den Vater. Eigentlich müsste man hier statt des Wortes Vater im deutschen „Papa“ wählen. Papa unser… damit ist schon der Rahmen gesteckt fürs Beten. Wer zu Gott Vater sagt, der macht sich logischerweise durch diese Anrede zum Kind Gottes. Zum Sohn oder zur Tochter.

„Gebet ist das Atemholen der Seele“ so drückte es J. Newman aus, ein englischer Theologe aus dem 19. Jh.. Wir verschaffen uns im Gebet eine Insel der Ruhe, eine Insel zum Durchatmen, in der unsere Seele ganz zu sich kommen kann. Jesus ermutigt zum Gebet: Kein Verstecken, kein um den heißen Brei herumreden, sage direkt, was dich bewegt, Gott weiß eh, was in dir vorgeht. Keine Selbstinszenierung vor anderen, beten soll man um des Betens willen und nicht zur Selbstbeweihräucherung. Genau das bringt das Bild von Dürer, die „Betenden Hände“ zum Ausdruck. Eigentlich ist es nur ein Detail aus einem größeren Gemälde, es sind aber diese Hände, die Berühmtheit erlangt haben. Die Hände zum Gebet gefaltet. Das Gebet selbst steht im Mittelpunkt. Sonst nichts.

Durch das Gebet schaffen wir einerseits Nähe zu Gott, wir gehen eine Beziehung zu ihm ein. Wir schauen auf das, was uns umtreibt, das hilft uns anderseits dabei die Dinge auch etwas distanzierter zu betrachten. Es bedeutet nicht zuletzt, dass wir unser Leben in die Hände Gottes legen. Ein von Herzen kommendes freies Gebet findet genauso Gehör bei Gott wie die vertrauten Worte des Vaterunsers, das uns Jesus gegeben hat, damit wir niemals sprachlos vor Gott sind.

Dein Wille geschehe, heißt es da. Gott hier bin ich, dein Wille geschehe. Dieses dein Wille geschehe, könnte leicht eine fatalistische Note bekommen. Ich bete darum, aber ich weiß, dass ich nichts daran ändern kann. Wenn wir beten, bedeutet das leider nicht, dass auf wundersame Weise alles gut wird, obwohl wir doch davon ausgehen, dass der Vater das Gute für uns will. Aber ein Mensch wird dadurch nicht plötzlich gesund, die Erderwärmung nimmt trotzdem zu und Ungerechtigkeiten bestehen weiterhin fort, auch wenn wir Gott um anderes bitten. Ja, Gottes Wille geschieht zwar auch ohne oder trotz unserer Gebete. Aber indem wir darum beten, dass sein Wille auch in unserem Leben geschieht, lassen wir uns in den Wirkungsbereich Gottes hineinziehen. Wir setzen uns der Liebe Gottes aus, der auch ohne uns liebt. Das löst die Problematik wie kann Böses geschehen, nicht auf, aber Gottes Liebe kann auch nicht an uns vorübergehen, ohne dass es eine Wirkung auf uns hat. Durch unser Gebet öffnen wir der Liebe Gottes Tor und Tür zu uns.

Unser tägliches Brot gib uns heute, heißt es weiter. Gott weiß, was wir brauchen, noch bevor wir selbst es wissen. Das täglich Brot, ist das tägliche Essen auf dem Tisch, das Dach über den Kopf, das Auskommen. Jetzt merken wir besonders, dass das zum Leben Notwendige mehr ist als das. Zu unseren Grundbedürfnissen gehören auch unsere Freiheiten, Gesundheit und wiederum Nähe. Und plötzlich ist das tägliche Brot gar nicht mehr so selbstverständlich. Jetzt wo so viele Existenzen bedroht sind, merken wir, auch um das tägliche Brot müssen wir bitten, es ist nicht selbstverständlich.

Das Vaterunser zeigt, egal um was es geht, um das Tägliche genauso wie die großen Fragen des Lebens, unsere Dankbarkeit genauso wie unser Unverständnis und unsere Bitten, all das können wir vor unseren Vater bringen. Mit Jesu Gebet begeben wir uns vertrauensvoll in die Beziehung zu Gott, wir öffnen ihm unsere Seele und geben ihr Gelegenheit Atem zu holen, ruhig zu werden. Wir öffnen uns für uns selbst, für die Menschen um uns herum und nicht zuletzt für die Liebe Gottes, der wir unser Leben anzuvertrauen, wenn wir sagen "Vater unser". Amen.

 

 

Fürbitten

Vater unser. Du bist unser Vater, dir verdanken wir unser Leben.
Dir sagen wir, worauf wir hoffen, wovor wir uns fürchten.

Geheiligt werde dein Name. Wir hoffen darauf,
dass deine Liebe die Welt verwandelt. Beginne mit uns.
Dein Reich komme. Wir sehnen uns danach,
dass sich Gerechtigkeit und Frieden ausbreiten,

dass die Sanftmütigen das Erdreich besitzen.

Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.
Wir fürchten uns davor, dass Leid und Krankheit kein Ende haben.
Heile die Kranken und behüte die Leidenden.

Du rufst uns beim Namen, wie ein Vater sein Kind ruft.

Schenke uns Vertrauen in deine Gnade und Güte,

die uns begleitet Tag für Tag ein Leben lang.

 

Wir nehmen uns einen Moment der Stille, um mit unseren eigenen Worten vor Gott, unserem Vater, zu kommen.

 

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.

 

So gehen wir in den Tag und die kommende Woche mit dem Segen Gottes:

Der Herr segne euch und behüte euch; der Herr lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig;

der Herr hebe sein Angesicht über euch und gebe euch Frieden. Amen.